Durchblutungsstörungen
Wie in allen Organen ist auch im Auge eine ausreichende Durchblutung die Voraussetzung für eine regelrechte Funktion. Die Blutversorgung der Netzhaut erfolgt über die Zentralarterie, die durch den Sehnerv in das Auge eintritt und sich zunächst in vier größere Gefäßäste teilt, die sich dann bis zu feinen Haargefäßen (Kapillaren) immer weiter aufzweigen. Die Kapillaren ernähren die Ganglienzellen der Netzhaut. Der Blutabfluss erfolgt dann über die Venen der Netzhaut, die sich aus kleineren Gefäßen über vier größere Gefäßäste bis zur Zentralvene vereinigen, die mit dem Sehnerv das Auge verlässt. Der Sehnerv selbst erhält Blut durch kleine Äste aus umgebenden Gefäßen und aus Ästen der Zentralarterie. Das Blut fließt in die entsprechenden Venen ab. Die Ursachen eines Verschlusses der Zentralarterie oder eines ihrer Äste sind vielfältig. Von einer allgemeinen Arterienverkalkung (Arteriosklerose) sind in der Regel auch die zu Kopf und Auge führenden Gefäße betroffen. In fortgeschrittenen Fällen kann dadurch ein Verschluss der Zentralarterie oder ihrer Äste auftreten. Eine weitere Gefahr besteht in Verkalkungen der Halsschlagadern, die sich loslösen und dann mit dem Blutstrom bis in die Zentralarterie gelangen können. Hier bleiben sie hängen und verschließen das Gefäß. Gleiches gilt für Blutpfropfen aus dem Herzen. Ferner kann ein Zentralarterienverschluss auch Teilsymptom einer allgemeinen Arterienentzündung sein, die dann beide Augen bedroht. Begünstigende Faktoren für einen Verschluss der Zentralvene oder eines ihrer Äste sind neben einem hohen Blutdruck auch Blutgerinnungsstörungen, eine zu geringe Fließfähigkeit des Blutes oder ebenfalls eine Verengung der Halsschlagader. Bei Frauen spielt die Einnahme von Tabletten zur hormonellen Empfängnisverhütung eine Rolle. Zum Venenverschluss neigen außerdem Übersichtige sowie Patienten, die an einem grünen Star leiden. Der Verschluss der Zentralvene kann unterschiedliche Schweregrade aufweisen. In schweren Fällen macht der Rückstau des Blutes die Durchblutung in den Kapillaren unmöglich und verhindert so die Ernährung der Netzhaut. Bei leichteren Fällen ist noch eine Durchblutung der Kapillaren erhalten. Durchblutungsstörungen des Sehnervs haben dieselben Ursachen wie ein Verschluss der Zentralarterie.
Ein Zentralarterienverschluss ist ein dramatisches Ereignis. Schlagartig fällt die Versorgung der Netzhaut mit Sauerstoff und Nährstoffen aus, so dass sie ihre Funktionen nicht mehr erfüllen kann. Man bemerkt eine plötzliche Verdunklung vor dem betroffenen Auge. Nicht nur das zentrale Sehvermögen, sondern auch das gesamte Gesichtsfeld fehlen. Dabei treten keine Schmerzen auf. Manchmal gehen dem Arterienverschluss Verdunkelungen vor einem Auge voraus, die nach Sekunden bis Minuten wieder verschwinden. Sie sind ein Alarmsymptom, das eine ärztliche Untersuchung dringend erforderlich macht. Kommt es zu einen Verschluss eines Arterienastes, fällt die Versorgung in dem von diesem Ast durchbluteten Netzhautbezirk aus. Es entsteht ein entsprechender Gesichtsfeldausfall, der je nach Lage auch die Netzhautmitte einbeziehen kann. Der Zentralvenenverschluss geht je nach Schweregrad mit einer leichten bis ausgeprägten Reduzierung der Sehschärfe einher, die von einem dunklen Schleier im gesamten Gesichtsfeld begleitet ist. Der Sehverlust entwickelt sich in Stunden bis wenigen Tagen. Der Verschluss eines Venenastes führt zu Schleiersehen in einem umschriebenen Teil des Gesichtsfeldes. Auch hier kann das zentrale Sehen betroffen sein. Auch eine Durchblutungsstörung des Sehnervs kann unterschiedliche Ausmaße annehmen. Dementsprechend reichen die Symptome von einer nur leicht verminderten Sehschärfe mit geringen Gesichtsfeldausfällen bis zur plötzlichen vollständigen Erblindung. Auch hier fehlen Schmerzen. Eine chronische Wassereinlagerung in der Netzhautmitte (Makulaödem) kann als Komplikation bei Venenverschlüssen auftreten und unter Umständen zu einer dauernden Sehverschlechterung führen. Ein weiteres Problem stellen Gefäßneubildungen (Neovaskularisationen) dar, die sich bei fehlender Durchblutung der Kapillaren in der Netzhaut und auch in der Regenbogenhaut bilden. Durch diese neuen Gefäße versucht das Auge, die Durchblutung zu verbessern. Doch die Gefäße sind minderwertig, so dass es aus ihnen zu einer Glaskörperblutung kommen kann. Die neu gebildeten Gefäße in der Regenbogenhaut können auch im Kammerwinkel entstehen und dort den Abfluss des Kammerwassers verlegen. Die Folge ist ein in der Regel nur schwer behandelbarer grüner Star (Sekundärglaukom). Gefäßneubildungen stellen somit eine Verschlechterung der Erkrankung dar.
Mit dem Ophthalmoskop, der Spaltlampe und speziellen Linsen oder dem Kontaktglas kann der Augenarzt die Netzhaut mit ihren Gefäßen direkt beurteilen und Durchblutungsstörungen sehen. Weitere Informationen liefert ihm eine Farbstoffuntersuchung (Fluoreszenzangiographie).
Ist es zu einem Verschluss der Zentralarterie oder eines ihrer Äste gekommen, ist es wichtig, dass man sich sofort in augenärztliche Behandlung begibt, da in einzelnen Fällen versucht werden kann, das Blutgerinnsel durch Medikamente aufzulösen. Leider ist jedoch in vielen Fällen eine erfolgreiche Therapie nicht möglich. Wichtig bleibt die Regulierung eines zu hohen Blutdrucks und die Ausschaltung weiterer Risikofaktoren. Bei einem Verschluss der Zentralvene oder ihrer Äste muss zur Verhinderung von Gefäßneubildungen und anderen Komplikationen oft eine Laserbehandlung der Netzhaut durchgeführt werden.